»… endlich Frieden«?! – 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges

Mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai und der Kaiserlich Japanischen Armee am 2. September 1945 ist der Zweite Weltkrieg, der mit dem deutschen Angriff auf Polen 1939 begonnen hatte, beendet. Bis zu 65 Millionen Menschen – Soldaten und Zivilisten – sind gewaltsam zu Tode gekommen. Mit bis zu 27 Millionen Opfern haben die Völker der Sowjetunion den höchsten Blutzoll gezahlt. Sechs Millionen europäische Juden sind im Rahmen des nationalsozialistischen Völkermordes ermordet worden, über drei Millionen sowjetische Kriegsgefangene, bis zu 500.000 Sinti und Roma sowie etwa 300.000 behinderte und pflegebedürftige Menschen. Mit der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 werden die Grenzen im Osten des Kontinents neu gezogen. Millionen Menschen müssen ihre Heimat verlassen. Deutschland verliert große Gebiete im Osten, die an Polen und die Sowjetunion fallen, die verbleibenden Teile werden in Besatzungszonen aufgeteilt, aus denen zwei Staaten entstehen. Der Kalte Krieg und der Eiserne Vorhang zwischen dem Westen und der sowjetischen Einflusssphäre im Osten spalten den Kontinent. Erst die Umbrüche in Mittelosteuropa 1989/90 ermöglichen ein Zusammenwachsen Europas.

Der deutsche Vernichtungskrieg 1939 bis 1945

Das polnische Wieluń wird am frühen Morgen des 1. September 1939 durch deutsche Sturzkampfbomber als erste Stadt bombardiert und weitgehend zerstört, bis zu 1.200 Zivilisten kommen um; es ist der Auftakt zum Vernichtungskrieg im Osten. Im Rahmen des nationalsozialistischen Angriffskrieges fallen in den folgenden Jahren hunderte europäische Städte in Schutt und Asche: vom englischen Coventry bis zum weißrussischen Minsk, vom niederländischen Rotterdam bis zum serbischen Belgrad.

Das Ghetto Litzmannstadt (Lodz) ist einer von tausenden meist abgeriegelten Wohnbezirken im deutsch besetzten Osten, in denen Juden gezielter Verelendung preisgegeben sind und zugleich Zwangsarbeit leisten müssen. Sie dienen der SS als Sammelpunkte für die Verschleppung in die Gaskammern oder Erschießungsgruben. Sechs Millionen Juden aus ganz Europa werden Opfer des nationalsozialistischen Massenmordes.

Bereits im Herbst 1939 begannen SS-Kommandos, im Gefolge der Deutschen Wehrmacht Massenerschießungen im eroberten Polen durchzuführen. Tausende Zivilisten – vor allem Angehörige der Intelligenz und des Klerus, aber auch Juden – fallen ihnen zum Opfer. Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion führen Einsatzgruppen der SS bis 1944/45 Massenerschießungen von etwa zwei Millionen Juden durch. Das Bild zeigt eine Erschießung im ukrainischen Iwangorod. Auch Roma und »Asoziale«, pflegebedürftige und behinderte Menschen, Kriegsgefangene und Widerstandskämpfer gehören tausendfach zu den Opfern.

Im Durchgangslager nahe dem russischen Millerowo sind im Mai 1942 bis zu 50.000 sowjetische Kriegsgefangene der Wehrmacht ohne Nahrung unter freiem Himmel festgehalten. Zwischen Herbst 1941 und Frühjahr 1942 kommen ungefähr zwei Millionen Soldaten der Roten Armee durch Hunger, Erschöpfung und sich ausbreitende Krankheiten oder Mord in deutschen Lagern ums Leben, insgesamt sind es etwa 3,5 Millionen.

Während der Leningrader Hungerblockade zwischen September 1941 und Januar 1944 sterben 800.000 bis 1,2 Millionen Kinder, Frauen und Männer, die unter anderem auf dem Wolkowo-Friedhof, Oktober 1942, begraben werden. Die rücksichtslose Ausbeutung der eroberten Sowjetunion schließt den kalkulierten Hungertod von Millionen Menschen ein.

Bei einer sogenannten Vergeltungsmaßnahme im griechischen Distomo erschießen SS-Einheiten im Sommer 1944 über 200 Menschen und zerstören den Ort. Überall in Europa – im französischen Oradour-sur-Glane, im tschechischen Lidice oder im italienischen Marzabotto, vor allem auf russischem, ukrainischem und weißrussischem Boden – entvölkern und verwüsten deutsche Einheiten ganze Landstriche, plündern hunderte Dörfer, brennen sie nieder und ermorden ihre Bewohner. Die Niederschlagung des Warschauer Aufstandes im August 1944 – mit mehr als hunderttausend getöteten Zivilisten und der vollständigen Zerstörung der Stadt – ist ein Endpunkt dieser Ausrottungspolitik während des deutschen Rückzuges.

Alliierte Luftaufnahme des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau vom 26. Juni 1944. In den Gaskammern von Auschwitz, Lublin-Majdanek, Belzec, Sobibor und Treblinka, aber auch in Sachsenhausen oder Stutthof, sowie in mobilen Gaswagen in Kulmhof, Malyj Trostenez, Soldau oder Belgrad ermorden deutsche SS-Angehörige und ihre Helfer etwa drei Millionen jüdische Kinder, Frauen und Männer sowie Tausende Sinti und Roma, Patienten aus Heilanstalten, sowjetische Kriegsgefangene, polnische Widerstandskämpfer und Zivilisten anderer Nationalitäten. Auschwitz wird nach seiner Befreiung am 27. Januar 1945 zum Symbol nationalsozialistischer Verbrechen, vor allem des Holocaust.

Weitere Informationen:

Broschüre »Aus dem Schatten der Erinnerung. Vergessene Opfer des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion«. Online erhältlich als PDF-Datei zum Herunterladen oder in gedruckter Form unter info@stiftung-denkmal.de und kontakt@museum-karlshorst.de



Fanatischer Kampf bis zum Ende

Mit dem deutschen Angriff auf Polen am 1. September 1939 beginnt der Zweite Weltkrieg. Bis 1940 besetzt die Wehrmacht auch große Teile Westeuropas. Ab Juni 1941 dringt sie in die Sowjetunion vor. Ihr Vernichtungsfeldzug gerät jedoch ins Stocken, seit Frühjahr 1943 verschiebt sich die Ostfront unaufhaltsam in Richtung Westen. Am 6. Juni 1944 landen Briten und Amerikaner, aber auch Polen, in der französischen Normandie und eröffnen eine zweite Front gegen das Deutsche Reich. Bereits im Oktober befreien amerikanische Truppen Aachen. Die kommenden Monate stellen das blutigste Kapitel dieses Krieges dar – sowohl bei den Kampfhandlungen wie auch durch einen immer radikaleren nationalsozialistischen Terror. Am 12. Januar 1945 leitet die Rote Armee an der Ostgrenze des Reiches eine Offensive gegen die Wehrmacht ein, wenige Wochen später erreichen sowjetische Verbände die Oder. 2,5 Millionen sowjetische und polnische Soldaten setzen ab Mitte April 1945 zu einem Zangenangriff auf Berlin an. Ihnen stehen eine Million Wehrmachtsoldaten, SS-Einheiten und der »Volkssturm« gegenüber. In verlustreichen Kämpfen gelingt der Roten Armee am 30. April die Einnahme des Reichstagsgebäudes als Symbol des »Hitlerfaschismus« im Zentrum Berlins. Wenige Stunden zuvor hat sich Adolf Hitler (1889–1945) das Leben genommen.

Normandie, 6. Juni 1944: Mit der Landung amerikanischer und britischer Einheiten in Nordfrankreich wird im Westen die zweite Front gegen den gemeinsamen Feind Hitlerdeutschland eingerichtet, die von der Sowjetunion seit langem gefordert ist.

Berlin, Innenhof der Neuen Reichskanzlei (Ministergärten), 20. März 1945: Vor laufender Kamera zeichnet Hitler Mitglieder des »Volksturms« mit dem Eisernen Kreuz aus. Jungen und alte Männer müssen ab September 1944 nach kurzer Einweisung an Kämpfen teilnehmen; Zehntausende fallen.

25. Februar 1945: Auf dem Dresdner Altmarkt werden die Leichen der bei den Luftangriffen getöteten Menschen von deutschen Soldaten verbrannt. Der anhaltende Widerstand bewegt Briten und Amerikaner zur Verstärkung des Luftkrieges, um den Durchhaltewillen der deutschen Bevölkerung zu brechen. In Dresden sterben zwischen 13. und 15. Februar 1945 bis zu 25.000 Menschen. Am 15. Februar verlässt auch der letzte »Judentransport« mit 56 Personen die zerstörte Elbmetropole. Er kommt am selben Tag im Ghettolager Theresienstadt an.

Königsberg, Anfang 1945: Während des »Endkampfes« werden unzählige Zivilisten und Soldaten, die Kritik am sinnlosen Kämpfen äußern, die nicht mehr kämpfen wollen oder können, wie auch vermeintliche oder tatsächliche Plünderer und Zeugen nationalsozialistischer Verbrechen nach Urteilen von Standgerichten oder willkürlich von Angehörigen der Waffen-SS, der Wehrmacht oder Parteiangehörigen erschossen oder gehenkt.

Berlin, heutige Ebertstraße, Mai 1945: Sowjetische »T 34«-Panzer vor der Begrenzungsmauer der Ministergärten, dem heutigen Gelände des Holocaust-Denkmals, im Hintergrund das Brandenburger Tor.

Leipzig, Neues Rathaus, 19. April 1945: »Volkssturm«- Bataillonsführer Walter Dönicke (1899–1945) neben einem Portrait Adolf Hitlers. Dönicke hatte sich nach der Kapitulation der Messestadt vor amerikanischen Truppen vergiftet. Tausende Deutsche begehen Anfang 1945 aus Angst vor den Alliierten oder aus Verzweiflung über das Ende des »Dritten Reiches« Selbstmord.



Todesmärsche und Befreiung der Lager

Im Juli 1944 erreicht die Rote Armee mit Lublin-Majdanek das erste nationalsozialistische Lager auf polnischem Boden. Leichenberge und Gaskammern sind Zeugnisse des Massenmords, über die die internationale Presse breit berichtet. Überall im Osten beginnt die SS ab Sommer 1944, frontnahe Lager zu räumen und Zehntausende Häftlinge in andere Lager zu verlegen. Die Transporte erfolgen in überfüllten Viehwaggons, offenen Güterwagen oder zu Fuß. Sie dauern teilweise mehrere Wochen. Mindestens 250.000 Menschen kommen bis Kriegsende aufgrund von Kälte, Hunger oder Entkräftung während dieser Todesmärsche um. Häftlinge, die nicht mehr marschfähig sind oder flüchten, werden von der SS erschossen. Einzelne Todesmärsche enden in Massakern wie im ostpreußischen Palmnicken oder im brandenburgischen Jamlitz. In anderen Lagern wie in Dachau oder Sachsenhausen erschießen SS-Angehörige vor ihrer Flucht Tausende Häftlinge. Am 27. Januar 1945 befreit die Rote Armee Auschwitz. In immer kürzeren Abständen erreichen die Alliierten die geräumten Lager: Überall bieten sich ihnen schockierende Bilder von »lebenden Leichnamen«. Epidemien breiten sich aus. Viele Häftlinge sterben während der ersten Tage und Wochen in Freiheit an Krankheiten und Unterernährung oder weil sie nach Jahren des Hungerns die plötzliche Nahrungsaufnahme nicht vertragen.



Der 8. Mai 1945 – Kriegsende in Europa

Nach zweiwöchigen erbitterten und verlustreichen Straßenkämpfen zwischen Wehrmacht und Roter Armee kapituliert am 2. Mai 1945 Berlin, die Hauptstadt des nationalsozialistischen Deutschland und Machtzentrale des Vernichtungskrieges. Allein bei der Schlacht um die Reichshauptstadt sind etwa 80.000 sowjetische Soldaten gefallen. Am 7. Mai erfolgt die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht im französischen Reims. Für ihr Inkrafttreten ist jedoch eine Unterzeichnung durch die Oberbefehlshaber der einzelnen Teilstreitkräfte – von Heer, Luftwaffe und Kriegsmarine – erforderlich. Diese findet am 8. Mai 1945 im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst statt. Der Zweite Weltkrieg in Europa ist beendet. Doch der Kontinent liegt in Trümmern. Etwa 39 Millionen Soldaten und Zivilisten sind seit dem deutschen Angriff auf Polen am 1. September 1939 gewaltsam zu Tode gekommen.



Berlin unter sowjetischer Besatzung

Angesichts des nationalsozialistischen Massenmordes und Raubes, millionenfacher Verluste an Mannschaften und hunderter Quadratkilometer »verbrannter Erde« während des Rückzugs der Wehrmacht, erobert die Rote Armee ab Januar 1945 deutsches Staatsgebiet. Racheakte wie Plünderungen, willkürliche Erschießungen und zehntausendfache Vergewaltigungen von deutschen Frauen und Mädchen sind in den ersten Wochen und Monaten an der Tagesordnung. Auch Berlin erlebt im April und Mai 1945 eine Welle der Gewalt. Doch der sowjetische Stadtkommandant Nikolaj Bersarin (1904–1945) setzt nach Einstellung der Kampfhandlungen alles daran, die Bevölkerung für sich zu gewinnen. Zunächst organisiert er die Versorgung mit Nahrung. Bereits zwei Wochen nach der Kapitulation sind Krankenhäuser und Lebensmittelbetriebe, der öffentliche Nahverkehr und viele Verwaltungen wieder in Betrieb. Gleichzeitig demontieren die Sowjets allerdings ganze Industrieanlagen und transportieren sie – wie auch geraubte Kunstgüter oder verhaftete Spezialisten – nach Osten. Der Wiederaufbau beginnt mit Aufräum- und Enttrümmerungsarbeiten, aber auch mit einem breiten Kulturprogramm. So wird durch Generaloberst Bersarin der Neuaufbau der Jüdischen Gemeinde zu Berlin angeregt und befördert.



Die Potsdamer Konferenz und die Teilung Deutschlands

Nach Kriegsende steht Deutschland unter vollständiger Verfügungsgewalt der Siegermächte. Bereits im Februar 1945 haben die Alliierten in Jalta auf der Krim beschlossen, Deutschland in Besatzungszonen aufzuteilen und Frankreich in ihren Kreis aufzunehmen. Dennoch treffen sich vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 zunächst nur die »großen Drei« im Potsdamer Schloss Cecilienhof: die Sowjetunion, die USA und Großbritannien. Gegenstand der Verhandlungen sind die künftigen Grenzen im Osten Europas, die Verwaltung des besetzten Deutschen Reiches und der andauernde Krieg in Asien. Als Hauptstreitpunkt erweist sich die Festlegung der Westgrenze Polens. Das Land erhält schließlich die deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße – als Kompensation für den Verlust eigener Gebiete im Osten an die Sowjetunion, die Stalin bereits 1939 nach seinem Pakt mit Hitler besetzt hatte. Die »großen Drei« einigen sich auch auf den »geordneten und humanen Transfer« deutscher »Bevölkerungsteile« Polens, der Tschechoslowakei und Ungarns, der die meist gewaltsame Vertreibung von Millionen Zivilisten nach sich zieht. Das übrige Staatsgebiet des Deutschen Reiches wird in vier Besatzungszonen, die frühere Reichshauptstadt in vier Sektoren aufgeteilt. Doch das alliierte Zweckbündnis gegen den Nationalsozialismus zerbricht, der Kalte Krieg beginnt. In ihrer Besatzungszone installieren die Sowjets ein Staatssystem nach ihrem Vorbild und lassen am 7. Oktober 1949 die Deutsche Demokratische Republik ausrufen. Die Westmächte vereinigen ihre Gebiete zur Bundesrepublik Deutschland. Die alliierte Besatzung und die deutsche Teilung enden erst mit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990.



Heimatlos

Nach Kriegsende sind Millionen entwurzelte Menschen quer durch Europa unterwegs: befreite KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und Holocaust-Überlebende, Flüchtlinge und Vertriebene sowie demobilisierte Soldaten. Bereits ab Winter 1944/45 fliehen Hunderttausende Deutsche vor der Roten Armee in Richtung Westen. Mit der Verschiebung der Grenzen Polens und der Zwangsaussiedlung der Deutschen kommen bis 1946 an die 14 Millionen Menschen in das zerstörte Deutschland. Zehntausende Weißrussen, Ukrainer und Litauer auf polnischem Gebiet transportiert man in die Sowjetunion oder siedelt sie innerhalb Polens um. Aus dem nunmehr sowjetischen Osten Polens werden weit über 1,5 Millionen polnische Staatsbürger vorwiegend in die früheren deutschen Ostgebiete ausgesiedelt. Unter ihnen sind über 100.000 Holocaust-Überlebende. In den drei westlichen Besatzungszonen auf deutschem Boden befinden sich mehr als zehn Millionen »Displaced Persons« in Lagern – Heimatlose aus ganz Europa. Die meisten Juden unter ihnen verlassen Europa bis 1950. Mehrere Millionen »Bürger der Sowjetunion«, die als Soldaten in deutsche Gefangenschaft geraten oder zur Zwangsarbeit verschleppt worden sind, kehren – teilweise unter Zwang – heim und werden dort unter dem Verdacht, mit den Deutschen kollaboriert zu haben, in sowjetische Arbeitslager verschickt.



Der pazifische Kriegsschauplatz

Das Japanische Kaiserreich verfolgt bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts eine immer aggressivere Expansionspolitik: Korea und Teile Chinas werden kolonisiert. 1937 zettelt Japan einen Krieg gegen China an und marschiert im Nachbarland ein. Allein in Nanking metzeln japanische Soldaten im Dezember des Jahres über 200.000 Zivilisten und Kriegsgefangene hin, zehntausende Frauen und Mädchen werden vergewaltigt. Am 7. Dezember 1941 überfällt Japan die US-amerikanische Pazifikflotte in Pearl Harbor auf Hawaii. Es folgt die Kriegserklärung des mit dem Kaiserreich verbündeten Deutschland an die USA. Ab 1942 treiben die Amerikaner und ihre Mitkämpfer die Japaner in verbissen geführten Kämpfen Insel für Insel zurück. Im März 1945 sterben mehr als 100.000 Einwohner Tokios bei einem Angriff amerikanischer Bomber – die wohl höchste Opferzahl bei einem Luftangriff überhaupt. Nach dem Abwurf der Atombomben auf Hiroschima und Nagasaki sowie dem Eintritt der Sowjetunion in den Krieg gegen Japan im Sommer 1945 befiehlt Kaiser Hirohito (1901–1989) in einer am 15. August ausgestrahlten Radioansprache die Einstellung der Kämpfe. Mit der Unterzeichnung der japanischen Kapitulationsurkunde an Bord der USS »Missouri« ist der Zweite Weltkrieg am 2. September 1945 beendet. Im Frühjahr 1946 nimmt der Internationale Militärgerichtshof für den Fernen Osten gegen 28 Verantwortliche der Kaiserlich Japanischen Armee seine Arbeit auf. Die Verhandlungen enden mit der Verkündung von sieben Todesurteilen am 12. November 1948.

Abwurf der Atombombe »Fat Man« aus einer Boeing »B-29 Superfortress« auf Nagasaki am 9. August 1945. Der Atompilz steigt 18 Kilometer hoch. Zehntausende Zivilisten und Zwangsarbeiter kommen sofort um oder sterben an den Folgeschäden.

Mai 1942: Nach dem Angriff auf Pearl Harbor erobert die japanische Armee die Philippinen, damals eine halbautonome Kolonie der USA. Auf dem »Todesmarsch von Bataan«, der als eines der berüchtigtsten japanischen Kriegsverbrechen gilt, kommen etwa 16.000 amerikanische und philippinische Kriegsgefangene um.

Schlacht von Okinawa, Mai 1945: Während der Krieg in Europa zu Ende ist, leistet Japan weiterhin erbitterten Widerstand. Mit der Eroberung der strategisch wichtigen Insel Okinawa Ende Juni 1945 steht den Amerikanern ein Sprungbrett für die Invasion der japanischen Hauptinseln zur Verfügung, zu der es jedoch nicht mehr kommt.

Hiroshima nach der Atombombenexplosion am 6. August 1945: 80 Prozent der Innenstadt sind dem Erdboden gleichgemacht und bis zu 80.000 Menschen sofort tot. Aufnahme mit Signatur des verantwortlichen Piloten der Boeing »Enola Gay« Paul W. Tibbets (1915–2007).

Hiroschima, September 1945: Japanischer Soldat in der nach der Atombombenexplosion am 6. August 1945 abgeräumten Stadt.

MSS Missouri, 2. September 1945: Japans Außenminister Shigemitsu Mamoru (1887–1957) bei der Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde. Japan wird besetzt, bis das Land bereits 1951 einen Friedensvertrag erhält und im Kalten Krieg zu einem wichtigen Verbündeten der USA wird. Eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit bleibt indes weitgehend aus.



Die Nürnberger Prozesse und die Aufarbeitung der deutschen Verbrechen

Die deutsche Besatzungsherrschaft in Europa während des Zweiten Weltkrieges fußte auf einem Lagersystem, der Versklavung und dem Aushungern von Millionen Menschen. Juden und nichtjüdische Zivilisten – insbesondere auf den Gebieten des besetzten Polen und der eroberten Sowjetunion – fielen der Massenvernichtung durch Erschießungen, durch Giftgas und durch Zwangsarbeit zum Opfer. Schon während des Krieges machen die Alliierten ihre Absicht, die Schuldigen bestrafen zu wollen, deutlich. Im August 1945 unterzeichnen die Sowjetunion, die USA, Frankreich und Großbritannien dann ein Statut, das die völkerrechtliche Grundlage eines Internationalen Militärgerichtshofs darstellt. Dieser soll das begangene Unrecht unter den Anklagepunkten »Verbrechen gegen den Frieden«, »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« und »Kriegsverbrechen« ahnden. Der Hauptkriegsverbrecherprozess findet vom 20. November 1945 bis zum 1. Oktober 1946 in Nürnberg statt. Die Beschuldigten plädieren auf »nicht schuldig«, da die ihnen vorgeworfenen Taten nach deutschem Recht nicht strafbar gewesen seien. Das Gericht stellt hingegen fest, dass die Verbrechen durch Völkergewohnheitsrecht zu ächten seien und verurteilt zwölf der 22 Angeklagten zum Tode. Es folgen Jahre des Verdrängens und Beschweigens. Erst der Ulmer Einsatzgruppen-Prozess 1958, der Prozess gegen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann (1906–1962) in Israel 1961/62, die Auschwitz-Prozesse zwischen 1963 und 1968 wie auch die bundesdeutschen Diskussionen um die Verjährung von Mordtaten rücken die »unbewältigte Vergangenheit« allmählich in die deutsche und internationale Öffentlichkeit. Insbesondere in der Debatte um ein Denkmal für die ermordeten Juden Europas verständigt sich das wiedervereinigte Deutschland in den 1990er Jahren über seinen Umgang mit den nationalsozialistischen Verbrechen und deren Opfern.

Nürnberg: Angeklagte vor dem Internationalen Militärgerichtshof; v. l. n. r.: Hermann Göring (1893–1946), Rudolf Hess (1894–1987), Joachim von Ribbentrop (1893–1946), Wilhelm Keitel (1882–1946), Ernst Kaltenbrunner (1903–1946). Aufnahme des amerikanischen Armeefotografen Ray D’Addario (1920–2011).

Plakat der Amerikanischen Militäradministration, 1945: Die Westalliierten sehen in der Demokratisierung den einzigen Weg, die Deutschen vom Nationalsozialismus abzubringen. In der ersten Phase der Umerziehungspolitik stellen sie auf drastische Weise die Frage nach Mitwissen und Schuld. Die Sowjets gehen bald dazu über, die Verantwortung für die Verbrechen einer kleinen Gruppe von »Faschisten« und »Monopolkapitalisten« zuzuschreiben. Damit versuchen sie, für ihr »antifaschistisches« Herrschaftssystem zu werben.

Nürnberger Ärzteprozess vom 9. Dezember 1946 bis 20. August 1947, Anklagebank mit Karl Brandt (1904–1948, vordere Reihe, 1. v. l.) und Viktor Brack (1904–1948, hintere Reihe, 3. v. l.). Der Hauptkriegsverbrecherprozess ist die Grundlage für weitere Verfahren, so auch gegen Ärzte, die für das »Euthanasie«-Programm verantwortlich waren. Zwischen 1939 und 1945 hatten die Nationalsozialisten etwa 300.000 Patienten und Pflegebedürftige in Deutschland und den besetzten Gebieten ermordet.

Jerusalem, 11. April bis 15. Dezember 1961: Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann, in dem er für den millionenfachen Mord an Juden zur Verantwortung gezogen wird. Das Urteil lautet auf Tod durch den Strang und wird am 31. Mai 1962 vollstreckt.

Die Deutsche Demokratische Republik versteht sich als »antifaschistischer« Staat. In den ehemaligen Konzentrationslagern Buchenwald, Sachsenhausen und Ravensbrück – nun Mahn- und Gedenkstätten – werden fast ausschließlich der kommunistische Widerstand und die angebliche Solidarität zwischen den Häftlingen gewürdigt. Nach der deutschen Wiedervereinigung werden die Dauerausstellungen neu konzipiert.

Berlin-Mitte, 2014: Das Stelenfeld des 2005 eingeweihten Denkmals für die ermordeten Juden Europa im Herzen der deutschen Hauptstadt.



Stimmen der Überlebenden

Für viele Überlebende endet der Krieg nicht mit ihrer Befreiung. Meist gänzlich auf sich allein gestellt, müssen sie ihre Erlebnisse während der Verfolgung bewältigen und ihr Leben aus dem Nichts neu beginnen. Oftmals können und wollen sie in ihre Heimat nicht zurück oder werden von dort vertrieben und sind jahrelang auf der Suche nach einem neuen Zuhause.

»Nicht nur physisches Überleben«

»Überleben bedeutet nicht nur physisches Überleben. Ich erinnere mich, als der Krieg vorüber war, konnte man nicht von einem Extrem ins andere gehen: Das Gefühl der puren Hoffnungslosigkeit, das Leiden und die Diskriminierungen können nicht einfach ausgelöscht werden, nur weil der Krieg plötzlich zu Ende war.«

Sabina van der Linden-Wolanski (1927 Borysław/Polen – 2011 Sydney/Australien) überlebt als Jüdin Deportationen und Massenerschießungen der deutschen SS in mehreren Verstecken. Sie muss nach der Befreiung ihre nunmehr sowjetische Heimat verlassen und wandert über das polnisch gewordene Schlesien sowie Paris 1950 nach Australien aus.



»Ich war völlig fertig«

»Ich war völlig fertig in jeder Hinsicht – körperlich, seelisch, moralisch. […] Donnerwetter. Jetzt hast du so lange überlebt und nun, wo der Ami da ist, sollst du sterben? […] Irgendwann schaffte ich es schließlich doch, mich aufzuraffen, und ganz, ganz langsam von meinem Bett runterzuklettern. Ich kam bis an die Ausgangstür. Dort verließen mich meine Kräfte und ich glitt zu Boden.«

Der Sinto Reinhard Florian (1923 Matheningken – 2014 Aschaffenburg) kann nach seiner Befreiung durch US-Soldaten im Lager Ebensee (Österreich) nicht mehr in seine Heimat im nördlichen Ostpreußen zurückkehren, da sie nun zur Sowjetunion gehört. Florian lebt später in Aschaffenburg.



»Aber wir? Warum mussten auch wir leiden?«

»Vor den Nazis hatten wir uns retten können, nicht jedoch vor dem kommenden Unglück. Welche Enttäuschung war das für uns! Dass russische Soldaten sich voller Wut auf die Deutschen stürzen würden, war zu erwarten. Es handelte sich um Rache für das, was die Deutschen den Familien der russischen Soldaten angetan haben. Aber wir? Warum mussten auch wir leiden? Und dabei war all dies erst der Anfang.«

Nechama Drober (*1927) wird als Hella Markowsky im ostpreußischen Königsberg geboren. Den Nationalsozialisten gilt sie als »jüdischer Mischling 1. Grades«; sie wird nicht deportiert, muss aber Zwangsarbeit leisten. In dem Zitat beschreibt sie ihre Gedanken angesichts von Grausamkeiten durch sowjetische Soldaten am 28. Januar 1945. Es gelingt Nechama Drober bis 1990 nicht, die Sowjetunion zu verlassen. Seitdem lebt sie in Israel.



»Traumatisiert«

»Ich war dann wohl so traumatisiert durch all dies Erlebte, dass ich dem Alkohol verfallen bin. […] Wenn man traumatisiert ist, dann kann man auch die Ursachen schlecht oder gar nicht erkennen.«

Ludwig Baumann (1921–2018) begeht aus Widerstand gegen den deutschen Vernichtungskrieg im Osten 1942 Fahnenflucht, wird zum Tode verurteilt und sitzt monatelang in der Todeszelle, ohne zu wissen, dass er zwischenzeitlich begnadigt worden ist. Auch nach seiner Rückkehr hält sein Vater, trotz Ablehnung des nationalsozialistischen Regimes, Desertion für etwas Unentschuldbares. 1990 wird die Bundesvereinigung »Opfer der NS-Militärjustiz« unter Ludwig Baumanns Vorsitz gegründet, die 2002 die pauschale Rehabilitierung der Wehrmachtdeserteure erreicht.



Bestellen Sie die Zeitzeugenberichte der Überlebenden als Buch unter www.stiftung-denkmal.de/publikationen/zeitzeugenreihe.html

Interviews mit diesen und anderen Überlebenden sind zugänglich unter: www.sprechentrotzallem.de

Informieren Sie sich über das Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkrieges in ganz Europa unter: www.memorialmuseums.org

Lernen Sie Jugendliche aus ganz Europa kennen, die in der Zeit des Nationalsozialismus als »anders« ausgegrenzt und verfolgt wurden: www.dubistanders.de